Wie euch sicher schon aufgefallen ist, habe ich eine Vorliebe für Rosen-Bestecke. Als langjährige Sammlerin möchte ich euch gerne einiges dazu erzählen, denn diese Antiksilberbestecke, die meistens als "Hildesheimer Rose" bezeichnet werden, waren einmal so groß in Mode, dass es sie fast in jedem deutschen Haushalt gab. Leider wissen die wenigsten Besitzer etwas über die aufwendige Herstellung und den Wert dieser Bestecke.
Während der Recherche für mein Buch Rosen-Bestecke habe ich einen großen Fundus an alten Werkstattfotos gesammelt. Davon möchte ich euch heute einige zeigen, da man daran gut sehen kann, wie aufwendig Antiksilberwaren hergestellt werden. Antiksilber ist eine Spezialität der Regionen Hanau und Pforzheim. Allein in Hanau gab es von 1850 bis 1950 rund hundert Silberwarenmanufakturen. Heute existieren nur noch einzelne Betriebe.
Die Herstellung von Antiksilberwaren beginnt mit dem Entwurf. Schon die Musterzeichnungen der Silberschmiede sind wirklich sehenswert. Nach dem gezeichneten Entwurf formt der Ziseleur mit Hammer und Punzen in Messingblech das gewünschte Besteckteil. Bild 1 zeigt eine Musterzeichnung und drauf liegend eine halbfertige Arbeit.
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An solch einem Arbeitsplatz (Bild 2) sitzen die Ziseleure und Goldschmiede. Abfälle und Feilreste fallen in das aufgespannte Leder und werden hinterher sorgfältig zusammengekehrt. Sie sind ja edelmetallhaltig und werden im Anschluss wieder eingeschmolzen. Auf dem Tisch sieht man Hammer und Punzen sowie die verschiedene andere Werkzeuge.
Bild 2/Fig. 2
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Wenn das Besteckteil in Messingblech fertig geformt ist, wird es ausgesägt und versäubert. Dann kann es abgegossen werden. Antiksilberwaren werden mit der Hand in Sandformen gegossen. Auf dem Bild 3 sieht man, wie der Former die einzelnen Teile in die Sandform einbettet, so dass ein Abdruck entsteht, der hinterher in Silber ausgegossen werden kann. Man kann in der Sandform unten links einen Soßenlöffel erkennen, rechts sind verschiedene Teile für einen Kerzenleuchter angeordnet. Die Abdrücke der verschiedenen Teile werden noch durch Gusskanäle verbunden, so dass das flüssige Silber mit einem Einguss alle Hohlräume füllen kann.
Bild 3/Fig. 3
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Nach dem Abkühlen kann der Rohguss aus der Form entnommen werden (Bild 4).
Bild 4/Fig. 4
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Hier sehen wir den Rohguß noch einmal in der Nahaufnahme (Bild 5). Im Anschluss werden die einzelnen Teile mit einer Zange erst von den Gusskanälen getrennt und dann einzeln von Hand mit feinen Feilen versäubert. Alle Durchbrüche müssen von Graten befreit werden und mehrteilige Formen werden dann noch zusammengelötet.
Man kann folgende Rohteile erkennen: a) Zuckerzange, b) Zuckerlöffel, c) Soßenkelle, d) Teile für eine Gebäckzange.
Bild 5/Fig. 5
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Die Fotos 3 - 6 wurden in der Silberwarenmanufaktur J. Kurz & Co. in Hanau in den 50er Jahren aufgenommen. Auf dem Bild 6 sitzen am Werkbrett mehrere Silberarbeiter und bearbeiten Antiksilberwaren. Man kann sehen, dass jedes Teil mit der Hand zusammengelötet, versäubert nachziseliert und poliert wurde.
Bild 6 / Fig. 6
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Antike Silberwaren sind nicht unbedingt Antiksilberwaren. Antiksilber wird seit ca. 100 Jahren auf die beschriebene Weise mit viel Handarbeit aus echtem Silber im antiken Stil hergestellt.
Ein wichtiges Gestaltungsmittel ist neben den historischen Formen auch die per Hand aufgebrachte Zieroxydation. Wie man am Bild 7 sehen kann, sieht das Antiksilber mit Schwärzung wesentlich plastischer aus als ohne. Die schwarzen Vertiefungen sind kein Schmutz und sollen auch nicht entfernt werden.
Bild 7 /Fig. 7
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An der Fertigungsweise dieser Rosen-Bestecke hat sich im Verlauf der Zeit kaum etwas geändert. Noch heute produzieren die wenigen verbliebenen Hersteller ihre Silberwaren mit einem hohen Anteil an Handarbeit und dadurch sind Antiksilberwaren teuer in der Anschaffung. Da jedes Teil mit der Hand nachbearbeitet wird, ist es gewissermaßen ein Unikat, denn es hat kleine Abweichungen in Gewicht und Ausarbeitung.
Antiksilber ist vergleichbar mit Manufakturporzellan und handgeschliffenem Bleikristall, zu dem es übrigens auch hervorragend passt. Einzelne Antiksilber-Bestecke aus meiner Sammlung verkaufe ich bei: https://www.silber-und-rosen-shop.de/Antiksilber
Wer sich für die verschiedenen Muster der Rosen-Bestecke und ihre Geschichte interessiert, findet noch mehr Informationen im Buch Rosen-Bestecke
Kommentare
alle Achtung das war sehr Lehrreich.
Leider machen sich die wenigsten Gedanken darüber wie aufwendig so manches edle Teil ist.
Doch diejenigen die solches sammelt (Leidenschaft) sind sich dessen bewusst.Meist wird es aber gekauft weil es halt ganz einfach schön ist oder gerade"Trendy" ist.Und irgentwann landet es auf dem Müll,Flohmarkt oder es wird weiter gegeben.
Und was noch hinzu kommt ist,das man halt oftmals einfach nicht weiss was dieses und jenes edle Stück für einen Wert hat!
Wünsch Dir einen schönen Abend!!
Liebe Grüße,
die Waldfee
Alles Liebe & Gutnacht, trau.mau
mit großem Interesse habe ich deinen heutigen Post gelesen. Man findet Dinge schön und macht sich dennoch in den seltensten Fällen Gedanken darum, mit wie viel Sorgfalt und Mühe sie hergestellt worden sind. Nun betrachte ich das Rosenbesteck mit ganz anderen Augen.
Danke dir.
Liebe Grüße von Elvira
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Lots of love and keep educating us on this most romantic of silver ware!
Mariette from Georgia/USA
schönen abend und lg von der katty