Die Wiener Zitrustage werden seit dem Jahr 2000 jährlich von der ÖGG Österreichische Gartenbau-Gesellschaft und den Österreichischen Bundegärten veranstaltet. Veranstaltungsort ist die Orangerie des Schlosses Schönbrunn in Wien.
Von meinem Besuch habe ich viele Bilder über die interessante Pflanzensammlung des Schlosses mit bis zu 180 Jahre alten Zitrusbäumen mitgebracht. Für Sammler von Zitruspflanzen ist es ein echtes Erlebnis, dort zu sein.
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Zitrustage 2022 Wien |
Zitruspflanzen zu sammeln war früher ein exotisches und teures Hobby. Es gibt viel mehr Arten und Sorten als die Zitrusfrüchte, die wir im Handel kaufen können. Damals ging es nicht nur um die Versorgung mit exotischen Früchten und Aromen für die Tafel, sondern auch um kuriose Fruchtformen und Exklusivität. Um 1708 erschien eine Zusammenfassung von J.C. Volckamer, "Nürnbergische Hesperides oder gründliche Beschreibung der Edlen Citronat-, Citronen-, und Pomerantzen-Früchte"
Verschiedene Fruchtformen aus der Pflanzensammlung wurden hier wie bei einem antiken Gemälde in einem Schaukasten inszeniert.
Die Schönbrunner Zitrussammlung besteht aus einer großen Gruppe sehr alter und stattlicher Bäume historischer Sorten. Es ist die Rede von 180 Jahre alten Exemplaren. Wahrscheinlich konnten wir auf der Ausstellung nicht alle sehen, aber es waren beeindruckend große Bäume, die in der Mitte der Orangerie zu einem Wald aufgestellt waren. Überwiegend waren es Pomeranzen und Zitronatzitronen, aber auch Orangen, Pampelmusen und Zitronen. Entsprechend der Jahreszeit waren kaum reife Früchte dran, die neuen Fruchtansätze sind noch grün und kaum sichtbar.
Auf der einen Orangerieseite waren dann aus der Pflanzensammlung Schönbrunns kleinere Exemplare mit Blüten und Früchten ausgestellt, die genau beschildert waren. Davon stelle ich später noch einzelne mit eigenen Pflanzenportraits vor. Weiterhin konnte man dort Pflanzen kaufen von drei Anbietern: Ein Stand wurde von Schönbrunn selbst betrieben mit Ablegern aus der Schönbrunner Sammlung. Der nächste war von Bernhard Voß, Jerk, dem legendären Zitruszüchter frosttoleranter Sorten. Der dritte war mit einer wirklich großen Auswahl vieler Zitruspflangen von Alwin Taucher/Genussgärtnerei Höller. (Leider waren die Spezialitäten von Bernhard Voß und am Schönbrunner Stand am zweiten Tag schon sehr ausgesucht, da wäre frühes Kommen am ersten Tag der Ausstellung empfehlenswert.)
Auf der anderen Seite der Orangerie waren die kulinarischen Stände mit einem großen Angebot an interessanten sortenreinen Marmeladen, Likören, Schokoladen und alles, was man aus Zitrus machen kann. Auch für den Sofortverzehr war auch bestens gesorgt. Dazwischen ein Stand mit Kakteen und einer von der Firma Achilles-Feigen mit sehr schönen Bäumchen.
Getroffen habe ich auf der Ausstellung Boris Eggers vom Zitruskleingarten, mit dessen Hilfe ich viele Feinheiten entdeckte, die mir alleine verborgen geblieben wären. Und natürlich haben wir es uns dort gut gehen lassen. Hier genießen wir gleich einen Espresso mit Orangenlikör, den sogar schon Kaiserin Maria Theresia sich hat schmecken lassen.
Es gab einige Fachvorträge von Fachleuten und am zweiten Tag konnte ich mich mit Robert Gordon persönlich über Zitruspflege austauschen, was mich sehr gefreut hat.
Die beeindruckendste Pflanze war für mich der riesige Busch einer Riesen-Zitronatzitrone. Die Früchte sind so groß wie Honigmelonen.
Die Pflanze war benannt als Riesenzitrone, ist aber wahrscheinlicher die C. limonimedica 'Maxima', also die Riesen-Zedratzitrone. Man kann sich gut vorstellen, wie diese großen Früchte auf den Obstdekorationen im Schloss aufgefallen sind.
Nun zeige ich ein paar Pflanzenportraits:
Citrus maxima - Pampelmuse
Die Pampelmuse ist eine der drei Urformen der Zitruspflanzen und ein Elternteil der Grapefruit, die aus Pampelmuse und Orange entstand. Auch die Pampelmuse hat traubenförmige Fruchtansätze. Die ausgewachsenen Früchte sind sehr groß. In meiner Kinderzeit gab es sie im Handel oft zu kaufen, bevor sie von den Grapefruits abgelöst wurden. Die Pampelmuse ist größer und blasser als die Grapefruit, meist rundlich mit abgeplatteter Unterseite. Es soll auch birnförmige längliche Exemplare geben.
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Citrus medica Bicolor
Zu dieser Pflanze habe ich keine Informationen, außer dass es eine Zedratzitrone ist, also eine mit einer dicken Schale und wenig Fruchtfleisch. Interessant ist die Färbung der Früchte.
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Citrus medica 'Pera' - Birnförmige Zitronatzitrone
Die Zitronatzitrone 'Pera' hat laut Beschreibung kleinere Blätter und eine typische Fruchtform mit Längsfurchen und einer Spitze am Ende der Frucht. Laut Beschreibung sind die jungen Früchte erst rötlich, werden später grün und erreichen bei Reife ein helles Gelb.
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Citrus limon 'Mellarosa'
Die Mellarosa-Zitronen haben flachrunde, gerippte Früchte. Die panaschierten Blätter im Körbchen gehören nicht zu den Früchten, denn die Mellarosa hat einfarbig grüne Blätter. Es ist eine historische Sorte, die schon im 17. Jahrhundert bekannt war.
Die gehörnte gekrönte Pomeranze
Namensgebend sind die kleinen Spitzen, die sich an der Frucht kronenförmig im oberen Bereich ausbilden. Bei der normalen 'Gehörnten Pomeranze' zeigen diese Spitzen nach unten. Hier bilden sie bei manchen Exemplaren eine regelrechte Krone. Die jungen Fruchtansätze, die hier in Nahansicht zu sehen sind, waren höchstens 2 cm groß.
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C. aurantium 'Foetifera' - Bitterorange mit Kind
Die Frucht wird bei Reife orange.
Aus der Beschreibung vor Ort: Die Frucht dieser Bitterorange hat eine platte Form, manche Früchte bilden einen starken Nabel aus. Die Schale ist leicht gefurcht. Beim Aufschneiden ist ein doppelter Kranz von Segmenten zu erkennen. Die Pflanze wird daher auch 'Töchter tragende Bitterorange' genannt. Diese "Frucht in der Frucht" entsteht durch eine Verdoppelung der Fruchtblätter bei der Blüte. Volkamer betont den besonders guten Geruch der Pflanze, die dem der Bergamotte gleiche.
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Citrus aurantium 'Fasciata' - Deutsche Landsknechtshose
Die deutsche Bezeichnung leitet sich von dem Muster der deutschen Landsknechtshosen her, die sich mit Streifen schmückten. Hier bei der Frucht sieht man diese eigenartigen erhöhten grünen Streifen, die bei Vollreife orange werden. Es ist eine Genmutation, ähnlich wie bei der Bizzaria, die ich später noch vorstelle. Das Erbgut der unterschiedlichen Elternteile Pomeranze und ?) hat sich nicht homogen vermischt, sondern tritt teilweise durch eine Fleckung des Laubs (Panaschierung) und mehr oder minder bei den Früchten zutage und bringt diese Bänderung hervor. Die Panaschierung ist auf wenige Stellen begrenzt, der Rest des Laubes ist unauffällig grün.
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Citrus x aurantium + C. medica 'Bizzaria'
Diese Kuriosität war bei ihrer Entdeckung eine Sensation. Bereits 1674 wurde sie vom Direktor des botanischen Gartens Pisa, Pietro Nati, beschrieben.
Wie der lateinische Name sagt, waren die Eltern Citrus aurantium - Pomeranze und Citrus medica - Zitronatzitrone. Das Erstaunliche an ihr ist, dass sie nicht durch normale Kreuzung über Befruchtung zustande kam, sondern durch eine Anomalie beim Veredeln. Normalerweise wächst bei einer Veredelung auf der Unterlage eine genetisch einwandfreie Pflanze des Edelreises. Die Unterlage liefert nur die Wurzeln und den Saft, ohne sich sonst zu zeigen. Bei dieser Pflanze entstand nach der Pfropfung eine Zellmutation, bei der die Pflanze über der Veredelungsstelle Merkmale beider Pflanzen unvermischt zeigt. Man nennt sie deshalb auch die Chimäre Bizzaria. Das bedeutet, dass an dem oberen Teil sowohl aus dem Stamm Zweige kommen, die normale Pomeranzenzweige sind, als auch welche, die Mischwesen zwischen Pomeranze und Zedratzitrone sind. Wenn man das Bild anschaut, sieht man an dem unteren Zweig ein normales, glattes Pomeranzenblatt und kleine runde Fruchtansätze, wie sie die Pomeranze hat. Am oberen Zweig wirken die Blätter völlig anders. Mit unregelmäßigen Blatträndern, fleckiger Blattfärbung und schmalem Blattflügel. Früchte an diesem Ast werden sich bizarr entwickeln, was bedeutet, dass die Fruchtschale Partien von Zitronatzitrone und davon abgegrenzt Schalenpartien mit Pomeranzenschale haben werden. Und zwar wesentlich ausgeprägter und unregelmäßiger als bei der Landsknechtshose.
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Auch außen im Kronprinzengarten standen noch große Zitrusbäume, die allerdings nur Nummern trugen.
Laubengang im Kronprinzengarten
Das war jetzt der botanische Teil der Reise, weswegen ich ja auch dorthin gefahren war. Über die persönlichen Eindrücke und meine Neuerwerbung dort gibt es in Kürze einen Extrapost.
Danke für euer Interesse und herzliche Grüße
eure Johanna
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